Zu Horst Seehofers Definition von Humanität

Im Interview mit der FAZ verkündete der Bundesinnenminister Horst Seehofer kürzlich folgende Botschaft:
“Unsere Migrationspolitik ist wieder im Gleichgewicht. Wir haben relativ hohen Zuspruch in der Bevölkerung und ein vernünftiges Maß an Humanität. Ordnung und Humanität gehören zusammen.” (Quelle)

So sieht aktuell das nach Seehofer vernünftige Maß an Humanität aus (nur ein paar wenige Beispiele von unendllich vielen):
  • Wie 2015 von der AfD gefordert, wird 2020 an Europas Grenzen auf Geflüchtete geschossen. Im März wurden zwei Menschen an der griechisch-türkischen Grenze erschossen. Anstatt eines Aufschreis der Empörung wurde die griechische Grenzpolizei als „Schild Europas“ gelobt und die Grenze wurde mit Militärgerät und Beamt*innen der EU-Grenzschutzagentur Frontex abgeriegelt (weiterlesen).
  • Griechenland errichtet schwimmende Barrieren vor den Inseln an der Seegrenze zur Türkei. So sollen fliehende Menschen an der Einreise und dem Stellen eines Asylantrages gehindert werden (weiterlesen).
  • Griechenland fängt geflüchtete Menschen auf dem Meer ab und setzt sie auf aufblasbaren Rettungsinseln aus (weiterlesen).
  • Auch aus dem Landesinneren von Griechenland heraus werden Menschen ohne Chance auf Asylantragstellung in die Türkei zurückgezwungen (weiterlesen).
  • Die EU bezahlt der aus Milizen bestehenden sogenannten libyschen Küstenwache fast 100 Millionen Euro, damit diese tausende schutzsuchende Menschen auf See abfängt und zurück in das Bürgerkriegsland Libyen verschleppt (weiterlesen).
  • Über 6.000 Menschen wurden 2020 bereits nach Libyen zurückgedrängt, wo sie nachweislich in Lager gebracht werden, in denen Folter, Vergewaltigung, Zwangsarbeit, Menschenhandeln, Zwangsrekruitierung und Tod drohen. (weiterlesen).
  • Schiffen, die geflüchtete Menschen in Seenot gerettet haben, wird ohne jede legitime Rechtfertigung die Zufahrt in Hafen verweigert. Die geschwächten, traumatisierten Menschen müssen viele Tage in Ungewissheit auf dem Meer ausharren. Es wird verlangt, dass die Besatzung der Schiffe die Menschen wieder nach Libyen bringt. Dies ist seerechtlich verboten und wäre ein strafbarer Verstoß gegen das Gebot der Nichtzurückweisung (weiterlesen).
  • 180 Menschen in extrem schlechter gesundheitlicher Verfassung mussten Anfang Juli teilweise bis zu 11 Tage lang auf dem Rettungsschiff „Ocean Viking“ ausharren. Erst nach sechs Suizidversuchen und 40 medizinischen Notfällendurften die Menschen an Land gehen (weiterlesen).
  • 52 Menschen wurden Anfang Juli von einem Viehfrachter in der Rettungszone von Malta aus einem seeuntauglichen Boot gerettet. Obwohl sie auf dem Frachter in Viehställen liegen mussten und die Besatzung weder medizinische Unterstützung noch ausreichend Lebensmittel anbieten konnte, wurde den Menschen fünf Tage lang ein Hafen verwehrt (weiterlesen).
  • Zu Beginn von Corona wurden zivile Seenotetter*innen vom deutschen Bundesinnenministerium offen zur Einstellung der Rettungsmissionen auf dem Mittelmeer aufgefordert (weiterlesen).
  • Im Auftrag der maltesischen Regierung ist eine kleine Flotte als Fischerboote regiestrierter Privatboote im Mittelmeer unterwegs, um Menschen auf der Flucht abzufangen. Sie werden dann an die sogenannte libysche Küstenwache übergeben und zurück in die Folterlager gebracht. Ostern 2020 starben bei einer solchen Aktion 12 Menschen (weiterlesen).
  • Am 07.07.2020 schrieb Innenminister Horst Seehofer auf Twitter: „Europa ist eine Wertegemeinschaft und das Wichtigste ist die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte.“ Gleichzeitig bezeichnet er zivile Seenotrettung weiterhin regelmäßig als „Taxi-Dienst“ und hat erst kürzlich gemeinsam mit dem Verkehrsminister Andreas Scheuer eine Änderung einer Verordnung in die Wege geleitet, die zivilen Rettungsschiffen im Mittelmeer ihre Arbeit noch schwieriger macht (weiterlesen).
  • Weiterhin werden regelmäßig zivile Rettungsschiffe von italienischen, griechischen, maltesischen Behörden festgesetzt. Dafür werden meist Gründe vorgeschoben, die sich später als haltlos erweisen (weiterlesen).
  • Seit mittlerweile drei Wochen treibt ein in den Resten eines verunglückten Schlauchbootes festhängender Leichnam auf dem Mittelmeer. Sea-Watch hat die zuständigen Behörden mehrmals darauf hingewiesen und darum gebeten, dass der Körper geborgen wird. Vergeblich. (Video von Sea-Watch)
So also definiert Horst Seehofer Humanität. #ShameOnEU