Beitrag der Seebrücke Oldenburg im Maikäfer-Podcast

Seit einem Jahr gibt es den Maikäfer-Podcast.

In der Zeit wurden in 12 spannenden Folgen unterschiedlichste Themen diskutiert und besprochen, meist gemeinsam mit anderen linken Gruppen und Initiativen aus Oldenburg.

Wir empfehlen den Podcast wärmstens! Hört unbedingt mal rein!

https://maikaefercast.noblogs.org/

       (Foto: Rie_aktiv)

Für den diesjährigen 1. Mai ist eine Sonderfolge entstanden, in der auch wir einen Beitrag aufzeichnen durften. Unter dem Motto: „Wege aus der Pandemie – in eine solidarische Gesellschaft“ wurde die Frage gestellt, welche linken Ideen und Forderungen für radikale Gesellschaftliche Veränderungen es in der pandemischen Lage braucht. Das Podcast-Kollektiv dazu: „Dabei wollen wir einwirken in eine öffentliche Diskussion, die derzeit wieder weit davon entfernt ist die gesellschaftlichen Missstände, die unter anderem durch Kapitalismus, Sexismus, Rassismus und Antisemitismus erzeugt werden und durch Corona verschärft werden, zu thematisieren und Lösungen voranzubringen.“                

Hier könnt ihr euch unseren Beitrag anhören oder lesen…


Die Corona-Pandemie ist belastend und stellt unsere Gesellschaft auf die Probe. Doch wie ist die Situation für Menschen auf der Flucht und in den EU-Lagern aktuell?

Die Seebrücke Oldenburg  kämpft seit 2018 für sichere Fluchtwege, für die Seenotrettung und für eine solidarische, antirassistische Migrationspolitik.

Sie zeigt die aktuelle Situation in Lagern auf.

Als vor gut einem Jahr die erste Corona-Infektionswelle Fahrt aufnahm, erhielten Seenotrettungsorganisationen einen Brief vom deutschen Bundesinnenministerium. Darin war zu lesen:

„Angesichts der aktuellen schwierigen Lage appellieren wir an Sie, derzeit keine Fahrten aufzunehmen und bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen.“

Als die Organisationen ihre lebensrettende Arbeit fortsetzten, reagierten die Behörden mit verstärkter rechter Polemik, schärferen Repressionen und massiven Blockaden. Die 6 Rettungsschiffe der verschiedenen NGOs werden seit einem Jahr verstärkt und unter dem Vorwand der Corona-Pandemie festgesetzt. So sind in dem vergangenen Jahr über 1.500 Menschen im Mittelmeer ertrunken und verschollen.

Trauer für diese Menschen und Wut gegen die verantwortlichen Politiker*innen lassen sich nicht in Worte fassen.

Wut und Verzweiflung erleben auch die Menschen, die in den EU-Lagern interniert werden. Die Lebensbedingungen haben sich noch verschärft. Trotz Corona-Pandemie werden die Menschen noch mehr beengt und geschlossen interniert. Schikanierende Überwachungen und Kontrollen haben zugenommen – medizinische Kontrollen hingegen sind selten!

Die Betroffenen nehmen die Entrechtungen nicht hin. Stattdessen organisieren Sie in den Lagern Widerstand, wie hier, in Ritsona bei Athen:

Video von Parwana Amiri https://twitter.com/parwana_amiri/status/1369756993469177860 (ab 0:08)

Bei tagelangen Protesten fordern Demonstrierende Anfang März dieses Jahres ihre Rechte ein, sie fordern Papiere für alle.

Protest für ein menschenwürdiges Leben organisierte  Anfang April auch die sudanische Community vor dem Büro des UNHCR in Libyen:

Video von Sheikh Dar Fur https://twitter.com/Shiekhmohamed8/status/1379447461937360898 (ein paar Sekunden)

Auf ihren Schildern ist zu lesen „Black Lives Matter“ und „International Protection now„.

In Libyen erleben die Geflohenen Menschenrechtsverletzungen, die vielfach dokumentiert wurden.

Doch selbst wenn die Menschen es unter Einsatz ihres Lebens auf dem Seeweg in die EU und bis nach Deutschland geschafft haben, werden zu 80 % abgewiesen.

Menschen auf der Flucht, die auf dem Seeweg die EU erreichen werden teilweise umverteilt, in Länder, die keine Mittelmeeranrainer sind. Doch ausgerechnet diejenigen, die nach Deutschland verteilt werden, haben eine schlechte Quote, Asyl zu erhalten.

Die neue Kampagne „EU Relocation Watch“ ist ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen. Sie beobachtet viele Vorfälle, wie von diesem Betroffenen, der in Italien an Land gegangen ist:

Video von Flüchtlingsrat Berlin, Sprecher Billy Khalifa, produziert von Bijan Sabagh https://twitter.com/fluchtlingsratB/status/1367813538144718848  (1:31 – 1:43)

Sie haben mich interviewt, sie haben gesagt, ok, du bist positiv. Sie gaben mir die Zusage, hierher zu kommen. Ich bin gerade in Deutschland gelandet und nicht mal einen Monat später haben sie mir eine Absage erteilt: ‚Verlassen Sie das Land‘. Wohin?

Der Kampf für das Recht zu kommen, ist also untrennbar mit dem Kampf für das Recht zu bleiben verbunden. Deshalb braucht es mutigen Protest gegen Abschiebungen, so wie zuletzt in Wien und Berlin

Video von Erik Peter https://twitter.com/retep_kire/status/1379875872514138115 (ein paar Sekunden)

Für den Betroffenen, der aus Italien nach Deutschland kam, ist die Abschiebung keine Alternative:

Video von Flüchtlingsrat Berlin, Sprecher Billy Khalifa, produziert von Bijan Sabagh https://twitter.com/fluchtlingsratB/status/1367813538144718848  (1:43 – Ende)

Meine Forderung ist, dass Deutschland das Bleiberecht geben soll. Sie sollten uns das Recht geben, zu arbeiten, sie sollten uns das Recht geben, unsere Familien zu haben.“

Das Recht zu bleiben – mehr als 240 Kommunen und Städte haben sich dafür ausgesprochen, geflüchtete Menschen aufzunehmen und sich zu einem „Sicheren Hafen“ erklärt. Wir, die Seebrücke fordern die sofortige Umsetzung! Die Aufnahme von geflohenen Menschen wie auch eine gerechte Migrations- und Asylpolitik. Wir brauchen ein transnationales Netzwerk von solidarischen Kommunen und Städten. In diese Kommunen müssen die Menschen über sichere Korridore gelangen, über sogenannte „Safe Passages“!

In „Sicheren Häfen“ muss der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, gerecht entlohnter Arbeit, würdevollem Wohnraum und politischer wie gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen gleichermaßen garantiert sein. Es muss Raum für radikale Vielfalt und Selbstbestimmung geschaffen werden. Rassismus und Antisemitismus, Polizeigewalt und behördliche Schikane gehören in allen Formen und auf allen Ebenen bekämpft. Abschiebungen müssen gestoppt und Bleiberecht und Familiennachzug erkämpft werden.

Die Menschen auf der Flucht und in den Lagern müssen gehört werden, schweigen ist keine Option, wie die 17-jährige Aktivistin und Autorin Parwana Amiri in dem Lager bei Athen bestärkt:

Video von Parwana Amiri https://twitter.com/parwana_amiri/status/1366998146925146112 (1:04 – 1:25)

„Würdest du wirklich schweigen, wenn du nicht einmal, nicht zweimal, sondern viele Male protestieren müsstest um deine Stimme für die Welt zu erheben? Denn du bist unsichtbar, wir sind unsichtbar. Wir wollen, dass die Welt uns sieht. Wir wollen, dass die Welt unseren Stimmen zuhört!“

Lasst uns also gemeinsam von Libyen über Griechenland bis Oldenburg für eine solidarische, gerechte und antirassistische Migrationspolitik eintreten – Nieder die Festung Europa, Bewegungsfreiheit für alle Menschen!