Am 31.10.2022 haben wir folgenden Redebeitrag auf der antifaschistischen Halloween-Demo „Make Racists Afraid Again“ gehalten.

„Moin, ich werde heute einen Redebeitrag für die Seebrücke Oldenburg halten. Dabei wollen wir vor allem auf den Zusammenhang zwischen rassistischer Asylpolitik und rechter bzw. reaktionärer Hetze, Gewalt und Terror gegenüber geflüchteten und rassifizierten Menschen sprechen.

Dass die AfD ein Haufen Faschisten und Nazis ist, steht nicht zur Debatte. Ihr Landesprogramm in Niedersachsen wiederholt alle rassistischen Lügen über geflüchtete Menschen und das Asylrecht an sich, die schon etliche Male entlarvt wurden. Faschisten nutzen diese Lügen gezielt, um die momentane Krise für ihre Zwecke auszunutzen und Menschen gegen ihr Feindbild aufzuhetzen.

Dies gilt nicht nur für die AfD, sondern auch für die CDU. Deutschlandweit, aber auch in Niedersachsen. Erst vor wenigen Wochen führte Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU noch Seenotrettung als einen sogenannten „Pull-Faktor“ heran. Das auch heute noch täglich Menschen bei der Flucht übers Mittelmeer auf ihrem harten Weg für ein besseres Leben sterben, ignoriert er dabei. Die offene rassistische Einstellung der CDU Niedersachsen ließ sich im Landeswahlkampf gut an einigen ihrer Plakate beobachten. So warnte sie genau wie die AfD vor einer angeblichen Bedrohung durch sogenannte kriminelle Clans, ein besonders beliebtes rassistisches und realitätsfernes Hetznarrativ.

Rassistische Politik findet leider nicht nur in den bereits genannten konservativen und rechtsextremen Parteien Anwendung, sondern auch in Parteien, die sich selbst in ihrem Wahlkampf gerne als offen und hilfsbereit für flüchtende Menschen inszenieren. Innenministerin Nancy Faeser twitterte Anfang dieses Monats die Zahl an Geflüchteten, die Schutz in Deutschland suchen, mache ihr Sorgen. Sie schreibt weiter, dies müsse begrenzt werden und davon, dass sogenannte „illegale Einreise“ gestoppt werden müsse. Dass für Geflüchtete aus beispielsweise Afghanistan und Syrien keine Option außer die der irregulären Einreise besteht, um Asyl zu beantragen verschweigt sie dabei. Zugleich spielt sie auf übelste Weise schutzsuchende Menschen aus unterschiedlichen Regionen gegeneinander aus und ist dabei kaum von AfD und Konsorten unterscheidbar!

Dies ist eins von leider vielen Beispielen, dass Rassismus nicht nur ein Problem in der AfD ist, sondern ein Problem, das die ganze Gesellschaft durchzieht, genau wie ihre Strukturen und Institutionen. Gerade deshalb müssen wir eine aktive rassismuskritische Haltung einnehmen und zusammen kämpfen, dass die Gesellschaft nicht noch weiter nach rechts rückt. Das heißt unter anderem, dass wir uns einsetzen müssen gegen rassistische Asylpolitik. Denn jeder Mensch auf der Welt hat das Recht auf ein gutes und selbstbestimmtes Leben. Kein Mensch ist illegal.

Eine gefährliche Konsequenz des öffentlichen Diskurses über Geflüchtete und andere marginalisierte und diskriminierte Gruppen ist der sogenannte stochastische Terror. Stochastischer Terror beschreibt die Verbindung zwischen gesellschaftlichem Klima und daraus folgenden terroristischen Anschlägen. Je mehr Hass und Hetze verbreitet wird, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass Gewalt und Terror der betroffenen Personengruppe gegenüber ausgeübt wird. Meist geschieht dies, indem diese Personengruppe als Bedrohung inszeniert wird. Wenn also Friedrich Merz Geflüchtete als Profiteure deutscher Sozialleistungen verunglimpft und die AfD Niedersachsen in ihrem Wahlprogramm die (Achtung direktes Zitat) „Verdrängung der einheimischen deutschen Bevölkerung durch Migranten“ heraufbeschwört, passiert genau das. Damit wird die Gefahr rassistischen Terrors begünstigt.

Dies zeigt sich an viel zu vielen Beispielen. Am 19. Oktober 2022 wird in einem kleinen Ort in Mecklenburg-Vorpommern Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine in Brand gesetzt. Am gleichen Tag war an dem Gebäude ein aufgemaltes Hakenkreuz gesichtet worden. Im ersten Halbjahr des 2022 fanden laut Zahlen des BKA bundesweit 43 Straftaten auf Geflüchtetenunterkünfte statt. Ein weiteres furchtbares Beispiel für rechten Terror und den verantwortungslosen Umgang damit, gibt es auch in unseren unmittelbaren Nähe. In der Nacht vom 28. auf den 29. Mai 2021, kam es im sogenannten Ankunftszentrum im ehemaligen Kloster Blankenburg in Oldenburg zu einem Brandanschlag mit zwei Brandsätzen. Nur mit Glück wurde kein Mensch dabei körperlich verletzt, für mehr Kontext dazu schaut auf unserem Blog vorbei. Dort findet ihr einen ausführlicheren Beitrag dazu. Erst vor wenigen Tagen teilte die Staatsanwaltschaft Oldenburg auf Anfrage der NWZ mit, dass die Ermittlungen bereits am 4. März 2022, nach weniger als einem Jahr, ergebnislos eingestellt wurden. Von Anfang an blieb eine öffentliche Aufarbeitung von Seite der Kommunalpolitik fast vollständig aus. Rückblickend ein Tiefpunkt für ein sich als solidarisch verstehendes Oldenburg und ein gefährlich nachlässiger Umgang mit der konstanten Gefahr rechten Terrors! Vor dem Hintergrund der Vielzahl rechter Anschläge, Morde und Pogrome (nicht nur) seit den 90ern und den gesellschaftlichen Umgang mit den Betroffenen, ist das Desinteresse an der Gefährdungssituation der Menschen in Blankenburg eindeutig als rechte Kontinuität zu bewerten. In diesem gesellschaftlichen und politischen Klima werden Nazis weiterhin Feuer legen und morden, ohne dass ernsthafte Konsequenzen wahrscheinlich sind.

Zum Abschluss möchten wir euch in diesem Sinne dazu aufrufen, aufmerksam gegenüber rassistischer und in jeglicher Weise diskriminierender Sprache und Erzählungen zu sein und euch klar dagegen zu positionieren. Im Kampf gegen Rassismus und Faschismus kommt es auf uns und euch an aktiv zu bleiben! Danke für eure Aufmerksamkeit.
Say it loud. Say it clear. Refugees are welcome here!“

Verweise:

https://twitter.com/_FriedrichMerz/status/1577236729819533312
https://www.instagram.com/p/CjdE9MZINWf/
https://twitter.com/NancyFaeser/status/1579813213784674313
https://twitter.com/julius__boehm/status/1572506787517169664
https://www.deutschlandfunkkultur.de/stochastischer-terror-100.html
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/merz-sozialtourismus-101.html
https://afd-niedersachsen.de/landesprogramm
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/mecklenburg-vorpommern-fluechtlingsunterkunft-abgebrannt-mutmasslich-brandstiftung-a-7e871537-dfee-4d45-a59a-b51202d8e7ca
https://taz.de/Brandstiftung-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5889648/
https://seebrueckeoldenburg.noblogs.org/post/2022/10/10/500-tage-nach-dem-brandanschlag-in-blankenburg/