Redebeitrag zur Soli- Demo – Afghanistan am 11.09.2021

Hallo zusammen,

ich möchte für die Seebrücke einen kurzen Beitrag halten. Die Aufmerksamkeitsspanne der Medien und vieler Menschen, die nicht von einer Situation betroffen sind, ist bekanntlich kurz. In Deutschland scheint die Beschäftigung mit einem weitgehend inhaltsleeren Wahlkampf, der die wesentlichen Themen systematisch vermeidet, für viele Priorität zu haben. Die Lage in Afghanistan aber, das wissen wir hier alle, ist weiter katastrophal, die Verzweiflung und das Leid unbeschreiblich. Trotz der tödlichen Gewalt, die unter der Terrorherrschaft der Taliban gegen Demonstrierende und alle, die darüber berichten, ausgeübt wird, gehen in ganz Afghanistan Menschen Tag für Tag auf die Straße und protestieren. Wir wollen uns mit diesen Protesten, mit den Menschen in Panjshir und überall sonst, solidarisieren! Wir wollen euch sagen: Wir sehen euch und wir hören euch! Mit uns sind heute Menschen aus Darmstadt, Kiel, Landau, Würzburg, Hamburg, Berlin, Hannover, Lübeck, Flensburg, Frankfurt, Zwickau, München, Düsseldorf, Erfurt und wahrscheinlich vielen weiteren Orten auf der Straße. Wir sind viele und diese Solidarität ist wichtig! Denn ohne die internationale Aufmerksamkeit und Empörung wird die Gewalt in Afghanistan wachsen. Wir müssen weiter hinschauen!

Als Seebrücke setzen wir uns dafür ein, dass Menschen, die nach Deutschland und Europa kommen wollen oder müssen, auch kommen können – und zwar ohne, dass dabei lebensgefährliche Fluchtwege gegangen und hochgezogene Grenzen überwunden werden müssen. Dieses Recht zu kommen ist auch heute eine wichtige Forderung! Wir wollen, dass für Menschen, die aus Afghanistan geflohen sind oder die noch fliehen werden, sichere Wege der Einreise nach Deutschland geschaffen werden- Visa, Evakuierungsflüge, Bürokratieabbau! Wir wollen, dass Familien schnell und unbürokratisch nachgeholt werden können – nicht nur aus Afghanistan, sondern zum Beispiel auch aus den Lagern in Griechenland. Jahrelang hat die Bundesregierung Familiennachzug erschwert, mit dieser menschen- und familienfeindlichen Haltung muss jetzt Schluss sein! Wir setzen uns aber nicht nur für das Ankommen ein, denn auch das Bleiben ist entscheidend! Wir fordern sicheres und dauerhaftes Bleiberecht! Wir fordern eine Umsetzung des Rechts auf gute und gutbezahlte Arbeit, Gesundheitsversorgung, Bildung und politische Teilhabe. In zwei Wochen wird in Deutschland gewählt, doch Millionen Menschen, die hier leben, sind nicht wahlberechtigt. Dieser Ausschluss vom politischen Mitspracherecht ist inakzeptabel!

Neben dem Recht zu Kommen und zu Bleiben gibt es auch das Recht, nicht gehen müssen. Leben zu können, wo mensch leben möchte, wo mensch sich zuhause fühlt. Auch deshalb demonstrieren wir heute hier gemeinsam gegen die Terrorherrschaft der Taliban, die niemals als Regierung und Vertretung der Menschen Afghanistans anerkannt werden dürfen! Wir demonstrieren für das Recht auf ein Leben in Freiheit, ein gutes und sicheres Leben. Für Gleichheit aller Geschlechter, aller Menschen. Überall.

Dankeschön!