Die Gemeinde Wardenburg soll „Sicherer Hafen“ werden! – Offener Brief an den Gemeinderat

Sehr geehrte Fraktionen des Gemeinderates Wardenburg,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Reents,

am 17. Dezember 2020 liegt Ihnen ein Antrag zur Abstimmung vor, durch dessen Annahme sich die Gemeinde Wardenburg zum „Sicheren Hafen“ für schutzsuchende Menschen erklärt. Dieser Antrag steht symbolisch für eine europaweite zivilgesellschaftliche Bewegung, die sich für Solidarität mit geflüchteten Menschen und die Aufnahme Schutzsuchender in hilfsbereiten Kommunen, Städten und Gemeinden einsetzt. Kein Mensch sollte in menschenunwürdigen Bedingungen an den Grenzen Europas leiden, keiner im Mittelmeer ertrinken! In Deutschland haben sich inzwischen 208 Gebietskörperschaften zu „Sicheren Häfen“ erklärt[1] – ein starkes und wichtiges Zeichen in Zeiten zunehmender Feindseligkeit gegenüber Menschen mit Flucht- oder Migrationsbiografie sowie körperlicher und institutionalisierter Gewalt und Rassismus gegenüber Menschen mit zugeschriebenem oder tatsächlichem sogenanntem Migrationshintergrund. In Ihrer Gemeinde hat sich ein engagiertes, zivilgesellschaftliches Bündnis, bestehend aus „Flüchtlingshilfe“, Evangelischer Kirche, Pfarrgemeinde St. Josef, Eine-Welt-Laden, Wardenburger Tennisclub e.V., Bündnis 90/Die Grünen und SPD gegründet, um Wardenburg zum einem „Sicheren Hafen“ zu machen. Das begrüßen wir sehr.

Am 27. Oktober 2020 hatten wir Ihnen eine Mail geschickt, in der wir die Bewegung SEEBRÜCKE und das Konzept der „Sicheren Hafen Häfen“ vorgestellt haben. Wir hatten Sie zum Gespräch und Austausch eingeladen, um eventuelle Fragen, Vorbehalte und Unklarheiten zu besprechen. Leider haben wir keine Antwort erhalten. Hiermit erneuern wir unser Gesprächsangebot. Zunächst noch einmal kurz zu uns: Die SEEBRÜCKE ist eine 2018 entstandene Bewegung, die in rund 150 Städten in 5 EU-Ländern in Bündnissen und Lokalgruppen organisiert ist. In der SEEBRÜCKE findet sich das gesamte Spektrum der solidarischen Zivilgesellschaft wieder – von Kirchen über Gewerkschaften bis hin zu Initiativen aus dem Bereich der Geflüchtetenhilfe. Die SEEBRÜCKE ist nicht als geschlossene Gruppe oder Verein zu verstehen, sondern als zivilgesellschaftliche Graswurzelbewegung. Wir begreifen sowohl die SEEBRÜCKE als auch die 208 „Sicheren Häfen“ als Symbol der vielen Millionen Menschen in Deutschland, die schon vor 2015, vor allem aber ab dem „Sommer der Migration“ schutzsuchende Menschen aufgenommen und unterstützt haben. Die bundesdeutsche und europäische Migrations- und Asylpolitik steht jedoch im Widerspruch zu der solidarischen, offenen Mehrheit der Gesellschaft. Sie orientiert sich nicht an den oft zitierten „europäischen Werten“ wie Humanität, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit oder dem völkerrechtlich verbrieften Schutz von Leben und Gesundheit und dem Recht auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren.

Das Konzept der „Sicheren Häfen“ will dieser migrationsfeindlichen Entwicklung entgegenwirken und beinhaltet im Kern drei Ziele: Zum einen wird die hilfsbereite Zivilgesellschaft kommunalpolitisch vertreten und abgebildet. Zum zweiten wird auf den migrationspolitischen Diskurs, der in den letzten Jahren zunehmend rau, enthemmt und menschenfeindlich wurde, Einfluss genommen, indem Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität mit Schutzsuchenden in den Fokus gerückt werden. Zum dritten wird politischer Druck auf die Bundesregierung aufgebaut. Diese beansprucht bekanntlich die Hauptkompetenz im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik, blockiert jedoch die Hilfsbereitschaft der Kommunen. Die 208 Städte und Kommunen, die sich in den vergangenen Jahren zu „Sicheren Häfen“ erklärt haben, wurden dabei vielerorts von SEEBRÜCKE-Lokalgruppen unterstützt, stehen aber unabhängig von der SEEBRÜCKE stellvertretend für die hilfsbereite Zivilgesellschaft.

Wir freuen uns deswegen, dass die Gemeinde Wardenburg mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und SPD die Möglichkeit erhält, sich der Bewegung anzuschließen. Hiermit appellieren wir an Sie als politische Vertretung der Gemeinde: Machen Sie Wardenburg zu einem Sicheren Hafen und Ort für schutzsuchende Menschen, gestalten Sie einen Raum der Offenheit und Solidarität! Der Antrag mag nur ein erster Schritt sein, doch die in Wardenburg lebenden Menschen haben deutlich gemacht, dass sie bereit und gewillt sind, den Begriff „Sicherer Hafen“ zu gestalten und mit Leben zu füllen. Stimmen Sie für den Antrag und zeigen Sie, dass Wardenburg für Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität mit geflüchteten Menschen steht.

 

Wir freuen uns, von Ihnen zu hören und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

SEEBRÜCKE Oldenburg

[1] https://seebruecke.org/sichere-haefen/sichere-haefen/