Gemeinderat lehnt Antrag ab
Gestern Abend wurde im Gemeinderat Wardenburg (Landkreis Oldenburg) über einen Antrag abgestimmt, mit dem sich die Gemeinde zum „Sicheren Hafen“ für geflüchtete Menschen und solidarisch mit Seenotrettung und der Bewegung Seebrücke erklären sollte. Leider lehnte die Mehrheit des Gemeinderates diesen wichtigen Schritt ab. Dafür stimmten die antragstellenden Ratsmitglieder von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dagegen die von CDU, FDP, FWG (Freie Wählergemeinschaft), DIE LINKE und ein parteiloses Ratsmitglied. Angenommen wurde stattdessen eine völlig verwaschene und verkürzte Empfehlung des Verwaltungsausschusses, in welcher der Begriff „Sicherer Hafen“ bewusst nicht vorkommt. Wir danken an dieser Stelle dem engagierten zivilgesellschaftlichen Bündnis und den Menschen in Wardenburg, die sich sowohl für den Antrag „Sicherer Hafen„ eingesetzt haben, als auch seit Jahren in der konkreten Arbeit mit neu ankommenden Menschen mit Fluchterfahrungen gemeinsam das Zusammenleben in Wardenburg gestalten [1].
Die Begründungen für die Ablehnung des Antrages waren offen gesagt schwer zu ertragen. Besonders hervorgehoben wurde, dass durch die Solidarisierung mit der Seebrücke weitreichendere Ziele als nur die Aufnahme von Menschen verfolgt werden würde. Seit November letzten Jahres haben wir den Ratsmitgliedern zweimal den Austausch angeboten, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sogar gemeinsam mit uns zu einem runden Tisch eingeladen, um Missverständnisse und Fehlannahmen aus dem Weg zu räumen und über die Ziele und Ansichten von uns als Teil der Bewegung Seebrücke zu sprechen [2]. Wir haben bis heute keine Antwort erhalten. Wieder einmal wurde deutlich, dass kein Interesse an einer aufrichtigen Beschäftigung mit dem Thema besteht. Vielmehr wird aus einer störrischen konservativen Haltung heraus schon das Anhören jeden Arguments, welches dem eigenen Weltbild sachlich und aussagekräftig widersprechen könnte, verweigert. Als weiterer Einwand wurde angeführt, dass in Wardenburg 2020 nur ein Bruchteil der Menschen ankam, die nach dem Verteilungsschlüssel vorgesehen waren. Grund dafür sei, dass immer weniger geflüchtete Menschen Deutschland erreichen. Wardenburg, so die Aussage des CDU-Ratsmitglieds, solle doch erstmal darauf warten, dass weitere Menschen kommen, bevor Bereitschaft zur Aufnahme über die Quote hinaus beschlossen wird. Wäre bei den Redebeiträgen der antragstellenden Ratsmitglieder zugehört worden, wäre allen klar gewesen, dass ja gerade die Abschottung der EU-Außengrenzen und die Schließung legaler Fluchtwege dafür sorgen, dass Menschen auf der Flucht sterben und zu tausenden in Lagern an den Grenzen interniert werden, statt in Deutschland sicher anzukommen. Offenbar braucht es keine AfD im Gemeinderat, um progressive, weltoffene Ideen abzuwehren. Soweit keine Überraschung.
Erschütternd ist jedoch das Abstimmungsverhalten des Ratsmitgliedes der Partei DIE LINKE. Dieser stimmte gegen den eigenen Kreisverband, mit dem wir im engen Kontakt standen und der sich diese Woche Dienstag auf der Kreismitgliederversammlung einstimmig für die Unterstützung der Initiative „Sicherer Hafen Wardenburg“ aussprach [3]. Auf die kruden Argumente des Ratsmitgliedes wollen wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Die FDP wiederum hielt es noch nicht einmal für notwendig, ihr Abstimmungsverhalten in der Debatte zu erklären.
Wir haben in der Zusammenarbeit mit der Initiative in Wardenburg engagierte und offene Menschen kennengelernt, die sich – anders als die meisten derjenigen, die den Antrag abgelehnt haben, aktiv für das Zusammenleben alteingesessener und neu ankommender Wardenburger*innen einsetzen. Diese Menschen werden sich weder von der schlecht begründeten Ablehnung des Antrages noch von Gepöbel und hasschürenden Aussagen rechter Internettrolle in ihrer Haltung erschüttern lassen und weiter machen – und wir werden gerne weiterhin dabei unterstützen, Wardenburg zum „Sicheren Hafen“ zu machen. Auch können wir uns vorstellen, gemeinsam mit dem Bündnis So.Wi.WIR und ihrer AG Seebrücke Wildeshausen an einem erneuten Antrag zum „Sicheren Hafen – Landkreis Oldenburg“ mitzuwirken [4].